Promotionsvortrag von Sabrina Pospich
- Verteidigung
Die Proteine Aktin und Myosin sind Schlüsselakteure des eukaryotischen Lebens. Während Aktin μm-lange, dynamische Filamente formt, die eine Hauptkomponente des Zytoskeletts sind, läuft der molekulare Motor Myosin entlang dieser Filamente und treibt so eine Vielzahl essentieller Prozesse, wie beispielsweise den intrazellulären Transport und die Muskelkontraktion, an. Entsprechend ihrer biologischen Relevanz sind Fehlfunktionen von Aktin und Myosin meist mit schwerwiegenden medizinischen Problemen verbunden. Die Funktion beider Proteine ist eng mit der Hydrolyse von ATP, wie auch mit ihrer Struktur verknüpft. Die Aufklärung dieser Struktur ist daher entscheidend für die Entschlüsselung der zugrunde liegenden molekularen Details. Obwohl die Struktur beider Proteine bereits zuvor aufgeklärt wurde, ist der strukturelle Effekt der ATP Hydrolyse
und der anschließenden Freisetzung des anorganischen Phosphats noch unbekannt. Weiterhin ist der Einfluss von Sequenzvariationen und der Bindung kleiner Moleküle auf die Stabilität des Aktinfilaments bisher nicht aufgeklärt.
In meiner Doktorarbeit habe ich mit Hilfe der Transmissionselektronen-Kryomikroskopie (Kryo-EM) insgesamt 19 hochaufgelöste Strukturen von Aktinfilamenten (F-Aktin) sowie von aktingebundenem Myosin (Aktomyosin) gelöst. Anhand von Strukturen verschiedener Nukleotidzustände präsentiere ich zunächst den strukturellenWandel von Aktin und Myosin entlang ihres ATPase-Zyklus. Die Daten deuten darauf hin, dass der ATPase-Zyklus von Myosin nicht ausschließlich auf mechanischer Kopplung basiert, sondern zu großen Teilen auf struktureller Flexibilität beruht. Sie veranschaulichen außerdem die Konformationsänderungen,
die mit der Freisetzung von ADP und der Bindung von ATP einhergehen.
Die strukturellen Veränderungen in F-Aktin sind im Allgemeinen kleiner als die
in Myosin und beschränken sich hauptsächlich auf das D-Loop-C-Terminus-Interface an der Oberfläche des Filaments. Auf diese Weise wird der Nukleotidzustand wahrscheinlich an Interaktionspartner übermittelt, wodurch ein gerichteter Umbau des Zytoskeletts ermöglicht wird. Diese Arbeit zeigt außerdem, wie kleine Sequenzänderungen die Filamentinstabilität des Aktin 1 vom Malariaparasiten Plasmodium falciparum verursachen. Schließlich wird die strukturelle Grundlage der aktinstabilisierenden natürlichen Toxine Jasplakinolid und Phalloidin entschlüsselt und ihre Wirkung auf den Strukturwandel von F-Aktin beschrieben. Während diese Moleküle bereits wertvolle Werkzeuge für die
Grundlagenforschung darstellen, werden die hier vorgestellten Strukturen eines photoschaltbaren Jasplakinolids wahrscheinlich das strukturbasierte Design neuartiger, funktionalisierter Derivate mit noch größerem Potenzial vorantreiben.
Insgesamt haben die in dieser Arbeit gelösten Strukturen wertvolle Einblicke in den strukturellen Wandel von Aktin und Myosin gebracht und werden dadurch letztendlich zu einem verbesserten Verständnis aller auf Aktin und Myosin beruhender Prozesse führen.