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Nature-Publikation

Exotischer Quantenzustand beobachtet

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Portrait von Zhe Wang © Martina Hengesbach​​/​​TU Dortmund
Prof. Zhe Wang hat die Professor für Experimentalphysik am Forschungsschwerpunkt Kondensierte Materie der Fakultät Physik inne.

Gemeinsam mit Kollegen aus Augsburg, Bonn, Köln, Dresden, Genf und Prince George (Kanada) hat Prof. Zhe Wang von der Fakultät Physik der TU Dortmund einen exotischen Quantenzustand der Materie in einer Festkörperverbindung entdeckt – sogenannte repulsiv gebundene Magnonen. Diese Beobachtung ist für die Grundlagenforschung in der Quantenphysik so spektakulär, dass sie in der renommierten Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde.

Atome, Moleküle oder Festkörper, die durch Anziehungskräfte zwischen ihren Bestandteilen gebildet werden, sind in der Natur allgegenwärtig. Im Gegensatz zu diesen bekannten stabilen Verbundobjekten galten solche, die durch abstoßende Kräfte stabilisiert werden, aufgrund ihrer Instabilität in natürlich vorkommenden Systemen lange Zeit als theoretische Konstrukte. Insbesondere in Festkörperverbindungen hielt man die Beobachtung abstoßend gebundener Teilchen für unmöglich. Kürzlich ist es einem internationalen Forscherteam um den TU-Physiker Prof. Zhe Wang gelungen, repulsiv gebundene Magnonen – ein exotischer Quanten-Vielteilchen-Zustand – experimentell zu beobachten.

Die Beobachtung erfolgte in der speziellen Spin-Ketten Verbindung BaCo2V2O8; als Spins bezeichnet man einen intrinsischen magnetischen Freiheitsgrad der Elektronen in einem Atom. In BaCo2V2O8 nutzte das Team Terahertz-Lichtwellen, um die Spins anzuregen und ihre Dynamik in starken äußeren Magnetfeldern mit bis zu 60 Tesla zu untersuchen. Dabei identifizierten die Forscher einerseits die bereits bekannten Magnonen, also niederenergetische magnetische elementare Quasiteilchen-Anregungen. Andererseits entdecken sie aber auch die besonderen repulsiv gebundenen Zwei-Magnon- und Drei-Magnon-Zustände als hochenergetische zusammengesetzte Anregungen. Die Verbindung BaCo2V2O8 ist eine Festkörper-Realisierung des Heisenberg-Ising-Modells, das seit über hundert Jahren für das Verständnis vieler physikalischer Phänomene von Bedeutung ist. Das Modell hat bereits verschiedene Zweige der Physik beeinflusst – von der kondensierten Materie über kalte Atome bis hin zur Quanteninformation.

„Die Beobachtung der repulsiv gebundenen Magnonen war für uns überraschend“, sagt Prof. Zhe Wang. „Unsere Studie liefert ein erstes Verständnis dieser komplexen Quanten-Vielteilchen-Zustände in einem repräsentativen Festkörpersystem. Wie sich diese exotischen Zustände in anderen, noch komplexeren Quantensystemen manifestieren und auch ihre möglichen Anwendungen in der Quanteninformation sind sehr spannende und herausfordernde Aufgaben für künftige Forschungen.“

Zur Publikation

Grafische Darstellung exotischer Quantenzustände © Prof. Zhe Wang
Grafische Darstellung des beobachteten Quantenzustands: (a) Spin-Ketten-Struktur basierend auf magnetischen Co2+ Ionen in BaCo2V2O8. (b) Skizze eines einzelnen Magnons, (c) eines repulsiv gebundenen Zwei-Magnons, (d) eines repulsiv gebundenen Drei-Magnons in einer Spin-Kette, die durch ein elektromagnetisches Terahertz-Feld angeregt wird. Während sich die ungebundenen Magnonen unabhängig voneinander entlang der Kette ausbreiten, breiten sich das repulsiv gebundene Zwei-Magnon und das Drei-Magnon als eine Einheit aus.

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