Arbeitsgruppe um Dr. Marc Aßmann findet exotische Wechselwirkungen in Halbleitern
- Forschung
Exzitonen sind wasserstoffartige, gebundene Zustände aus negativ geladenen Elektronen und positiv geladenen Elektronfehlstellen – sogenannten Löchern – in einem Halbleiter. Sie spielen in so verschiedenen Bereichen wie organischen Solarzellen, der Photosynthese oder Halbleiter-Lasern eine wichtige Rolle. Analog zum Wasserstoff gibt es auch bei Exzitonen angeregte Zustände. Exzitonen in hochangeregten Zuständen, die Rydbergexzitonen, zeigen dabei erstaunliche Eigenschaften, die umso stärker sind, je höher die Quantenzahl des angeregten Zustands ist: So ist das Volumen des zwanzigsten angeregten Zustands eines Exzitons bereits 64 Millionen Mal so groß wie im Grundzustand, während die Polarisierbarkeit, also die Sensitivität auf äußere elektrische Felder, sogar 1,2 Milliarden Mal größer ist. Diese Eigenschaften machen Rydbergexzitonen sehr interessant für Präzisionssensorik.
Untersuchungen mit maßgeschneiderten Laserstrahlen
Dr. Julian Heckötter hat im Rahmen seiner Doktorarbeit, die mit dem Wilhelm und Else-Heraeus-Dissertationspreis der Dortmunder Fakultät Physik ausgezeichnet wurde, die Wechselwirkungen zwischen mehreren solcher Rydbergexzitonen in unterschiedlichen Zuständen untersucht. Er hat dazu zwei Laserstrahlen so maßgeschneidert, dass jeder Strahl einen genau definierten Rydbergexzitonzustand erzeugt, und konnte dadurch zielgenau die Wechselwirkungen zwischen beiden Zuständen vermessen. Hierbei konnte er einen komplexen Blockadeeffekt nachweisen. „Wir haben festgestellt, dass sich um jedes Exziton herum eine Kugel ausbildet, in der keine weiteren Exzitonen erzeugt werden können“, sagt Dr. Marc Aßmann. „Die Exzitonen müssen einen gewissen Mindestabstand zueinander einhalten, der mehrere Mikrometer groß werden kann“.
Dabei zeigte sich auch eine systematische Asymmetrie, die davon abhängt, ob die Auswirkungen auf ein größeres oder ein kleineres Exziton untersucht werden. Zusammen mit den Theoretikern Dr. Valentin Walther aus Harvard, Prof. Thomas Pohl aus Aarhus und Prof. Stefan Scheel aus Rostock ließ sich dieses Phänomen aufklären. Detaillierte Computersimulationen zeigten, dass die Ursache dafür in Van-der-Waals-Wechselwirkungen liegt. Hier handelt es sich um dieselben Kräfte, die überwiegend dafür verantwortlich gemacht werden, dass Geckos an Wänden und Decken entlanglaufen können.
Die Ergebnisse des interdisziplinären Forschungsteams wurden kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht. Gefördert wurde das Projekt u.a. im Rahmen des gemeinsamen Deutsch-Russischen Sonderforschungsbereiches TRR 160, an dem Forschungsinstitutionen in Dortmund und St. Petersburg beteiligt sind.
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