Promotionsvortrag von Jean-Marco Alameddine

Die Beobachtung kosmischer Botenteilchen ermöglicht einzigartige Einblicke in astrophysikalische Prozesse. Hochenergetische Atomkerne und Photonen initiieren beim Erreichen der Erdatmosphäre eine Teilchenkaskade, welche Luftschauer genannt wird. Durch die Detektion ausgelöster Sekundärteilchen können Energie, Richtung und Teilchenart des Ursprungsteilchens rekonstruiert werden. Diese Aufgabe erfordert präzise Simulationen der Teilchenkaskaden. Eine bedeutende Herausforderung in diesem Zusammenhang ist das Myonrätsel – ein signifikantes, jedoch bislang ungeklärtes Defizit der Anzahl an Myonen in Luftschauersimulationen im Vergleich zu experimentellen Beobachtungen. Aufgrund der Einschränkungen bestehender Software zur Simulation von Teilchenkaskaden befindet sich das Simulationsframework CORSIKA 8 aktuell in der Entwicklung. In dieser Arbeit ird die Implementierung des Monte-Carlo-Simulationsprogramms PROPOSAL als erstes elektromagnetisches und myonisches Interaktionsmodell für CORSIKA 8 beschrieben. PROPOSAL ermöglicht eine höchst präzise Beschreibung von Myoninteraktionen, wodurch die systematische Unsicherheit in der Beschreibung der myonischen Schauerkomponente in CORSIKA 8 minimiert werden kann. Die Codestruktur von PROPOSAL wurde modularisiert, sowie eine Beschreibung elektromagnetischer Wechselwirkungen implementiert. Zudem wurde ein Interface zwischen PROPOSAL und CORSIKA 8 geschrieben und durch Vergleiche mit früheren CORSIKA-Versionen validiert. CORSIKA 8 weist in diesen Vergleichen eine um 5% erhöhte Anzahl an Myonen in Simulationen von hadronischen Schauern auf. Dieser Anstieg ist nicht ausreichend, um die Diskrepanz im Myonpuzzle zu erklären, sodass Ungenauigkeiten in der Myonpropagation als mögliche Erklärung ausgeschlossen werden können. Des Weiteren ermöglicht diese Arbeit die ersten physikalisch vollständigen Simulationen von Teilchenkaskaden mit CORSIKA 8, was einen entscheidenden Schritt im Hinblick auf die Veröffentlichung von CORSIKA 8 darstellt. CORSIKA 8 stellt ein mächtiges Werkzeug für die Simulation und Untersuchung von Teilchenkaskaden zur Verfügung, welches insbesondere zum Verständnis sowie zur Lösung des Myonrätsels beitragen wird.